International Postgraduate School of Humanities

Internationales Promotionskolleg der Geisteswissenschaften

国际人文科学博士研究生学院

EN
CN
漢 語
IT
DE

Informationen

Mitglieder

Anmeldung

Impressum

Zurück zur Eingangsseite


Shen, Yu (Peking, VR China): "Humanismus als Erfolgsgeheimnis für den kanonisierten chinesischen Roman 'Traum der Roten Kammer' und seine weltweiten Übersetzungen" (2005 Stipendium vom Kulturwissenschaftlichen Institut Essen)

Exposé
Der Traum der Roten Kammer ist der berühmteste und erfolgreichste Roman in China. Um ihn hat sich eine eigene Wissenschaftsrichtung, die sogenannte "Rotforschung", wie wir sie in anderen Ländern allenfalls bei der Auslegung der kanonisierten Texte der Schriftreligionen (Hagiographie, Bibelkunde) finden, ausgebildet. Der Roman entstand 1750 und entstammt damit einer Zeit, in der es zwar intensive Handelsbeziehungen zwischen Indien, Europa und China gab, die Literatur jedoch allein aufgrund der Sprachbarriere noch nicht wie heute aus einem globalisierten gemeinsamen Fundus schöpfen konnte. So hat der Roman tatsächlich rein chinesische kulturelle Wurzeln.
Als der Traum seit 1900 in Fremdsprachen übersetzt wurde, erreichte er jedoch auch im Ausland hohe Auflagen. Er wurde in 52 Sprachen übersetzt und wird bis heute neu aufgelegt. Der Erfolg beruht auf einer gemeinsamen anthropologischen Grundlage, der es dem Text einmal ermöglicht hat, in den unterschiedlichen politischen Phasen des 20. Jahrhunderts seine Bedeutung zu behalten, die einzelnen Gruppierungen hielten es für nötig, den Text zu bewahren und schafften es, indem sie ihn umdeuteten. Zum anderen ermöglichte es die gemeinsame anthropologishe Grundlage ohne denselben kulturellen Kontext in anderen Kulturen zu "funktionieren". Diese gemeinsame Grundlage ist der Humanismus.
Die Arbeit will untersuchen, auf welchen Nährboden dieser Gedanke zum Zeitpunkt der Entstehung in China fiel und auf welchen zum Zeitpunkt der Übersetzung im westlichen Ausland.
Dazu ist die Theorie des Sozialwissenschaftlers Bourdieux hilfreich, die ein Instrumentarium zur Analyse des "kulturellen Feldes" liefert und die "Akteure" wie Verleger, Druckereien, Techniken, Werbung, Rezensionen, Leser, und den Autor selbst beleuchtet und die Mechanismen des Erfolgs dekonstruiert. Diese führten schließlich zur Kanonisierung des Textes in China (verstärkt durch den 'Literaturpapst' Lu Xun), zur Herausbildung als allgemein bedeutender Kulturfaktor (der Inhalt des Romans ist heute den meisten chinesischen Kindern aus Comics, Filmen, Zeichenlehrbüchern, Theaterstücken, Opern, Kartenspielen etc. bekannt) und einer vielfältigen intensiven Forschungstätigkeit. Dieser Roman ist zwar ein Sittengemälde einer früheren Zeit, lebt aber in China als Dokument des Humanismus fort und kann als solches auch in anderen Kulturen verstanden werden.